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Der Alpensteinbock


                        

 Alpensteinbock

(Capra ibex ibex)

Im Volksmund werden mit dem Begriff «Steinbock», sowohl die männlichen Tiere «Steinböcke» und die weiblichen Tiere «Steingeissen» bezeichnet. Jäger verwenden oft den geschlechtsneutralen Ausdruck «Steinwild».

Der Steinbock war in der Schweiz und in den Alpenländern zu Beginn des 19. Jahrhunderts mehrheitlich ausgerottet. Einzig in Italien im heutigen Nationalpark «Gran Paradiso» im Aosta Tal, damals königliches Jagdrevier von Vittorio Emanuele der II. (der erste König Italiens) gab es noch einige Tiere. Die damals arme Bevölkerung bejagte das wenig scheue Steinwild. Sie versorgte sich so mit Fleisch. Ebenso wurde damals illegal mit diversen Pulvern aus den Hörnern, Aorta-Herzknochen und Magenkugeln die angeblich alle eine heilende Wirkung hatten, Handel betrieben. Die Magensteine, welche Bezoarstein genannt werden, wurden im Mittelalter auch als Schmuck getragen.  

Wilderer beschafften in Auftrag von Mitgliedern und Jägern der Wildparkgesellschaft des Jagdvereins St.Gallen im Jahr 1906 «Steinkitze» aus diesem Nationalpark. Im Wildpark Peter und Paul in St.Gallen, wurden diese grossgezogen. Ebenso wurden geschmuggelte Kitze im Tierpark Interlaken grossgezogen. In den Jahren 1906 bis 1917 wurde mit 41 solchen Kitzen an beiden Orten Steinwild zu «züchten» begonnen. Dies mit dem Ziele es im Alpenraum wieder anzusiedeln. Das erste Steinwild wurde 1911 im eidgenössischen Jagdbanngebiet «Graue Hörner» am Pizol erfolgreich wieder angesiedelt. Auch der SAC war bereits früh aktiv an der Wiederansiedlung beteiligt. Die Sektion Raetia, unterstützt durch Politiker und Amtsstellen, war 1879 und 1886 erfolglos bei der Wiederansiedlung von Steinwild.

In der isolierten Steinwildkolonie «Säntis» rund um den Säntis leben in den drei Kantonen AI, AR und SG rund 177 (2020) Stück Steinwild, isoliert von anderen Vorkommen dieser Tierart. Im Jahr 2020 wurden in den Kolonien «Churfirsten» rund 239 Stück, «graue Hörner» rund 356 Stück und «Foostock» rund 330 Stück Steinwild gezählt. In der Schweiz lebten im Jahr 2020 gemäss eidgenössischer Jagdstatistik rund 18'947 Stück Steinwild (Jagdstatistik). Der Steinbock ist gemäss eidgenössischem Jagdgesetz geschützt. Die eidgenössische Steinbockverordnung lässt die Kantone in Absprache mit dem Bund die Bejagung des Steinwildes regeln. Rund 1000 Tiere dürfen so jährlich nach einem Bewilligungsverfahren mit dem Bund in der Schweiz erlegt werden. In der Kolonie Säntis waren dies 7 Tiere (2020). Im ganzen Alpenraum leben heute wieder rund 45'000 Alpensteinböcke. In Spanien leben noch etwa 10'000 Iberische Steinböcke (capra ibex pyrenaical).

Das Steinwild lebt in steilen felsigen Gebirgszügen, in welchen sie aber auch Nahrung finden, auf einer Höhe zwischen 1600 und 3000 m. Im Winter bevorzugt das Steinwild 40-45° steile Südhänge, wo es sich in der Sonne aufwärmen kann, und wenig Energie benötigt, um an offene Grasstellen zu gelangen. So sieht man Steinwild auch an Fischmäulern, wo es dann oftmals auch Lawinenopfer wird. Andere Lebewesen in der kargen Natur wie Greifvögel oder der Fuchs profitieren so von diesen Steinwildkadavern. Die Böcke wandern nach der Paarungszeit, welche im Dezember-Januar stattfindet in tiefere Lagen auch unter der Waldgrenze.

Nach einer Tragzeit von 6 Monaten setzt die Steingeiss bis ins hohe Alter im Juni 1 Steinkitz. Die Kitze sind «Laufjunge» die der Mutter und dem Geissrudel bald nach der Geburt folgen. Die Bindung eines Kitzes zu seiner Mutter ist sehr eng, ohne diese wäre es verloren. Mit etwa 4 Wochen bilden die Kitze innerhalb der Rudel «Jugendbünde». Die erwachsenen Böcke stehen die meiste Zeit des Jahres für sich. Dies deshalb, weil sie andere Nahrungs- und Ruhebedürfnisse haben. Jüngere Böcke schliessen sich den Geiss- Kitzrudeln an.

Die jährliche Zuwachsrate in den Steinwildkolonien liegt meist unter 15%. Dies durch die harten Lebensbedingungen im Gebirge. Die Sterblichkeitsrate im ersten Lebensjahr ist auf Grund von nasskaltem Wetter oder rauen Wintern hoch. Erwachsene Tiere sind gegenüber den meisten klimatischen Einflüssen sehr widerstandsfähig. Hingegen fordern dort Krankheiten wie Gamsblindheit und Moderhinke, eine ansteckende Fusskrankheit, welche in freier Wildbahn nicht behandelt werden kann, oft hohe Verluste. Diese Krankheiten werden von dem auf den Alpen gesömmerten Kleinvieh wie Schafen und Ziegen übertragen.

Die Böcke und Geissen lassen sich aufgrund ihrer Hörner unterscheiden. Jene der Böcke sind grösser, diese werden bis zu 100 cm lang und haben an der Vorderkante Wülste, welche als Schmuckknoten-Schmuckringe bezeichnet werden. Die Hörner der Geissen werden etwa 30 cm lang sind dünner, rundlich und haben keine Schmuckknoten-Schmuckringe. An den Hörnern lässt sich das Alter der Tiere bestimmen. Die Hörner haben zwischen November und März einen Wachstumsunterbruch, in dieser Zeit zeichnet sich eine Einschnürung der Hornschläuche ab. Diese sogenannten Jahrringe lassen so bei beiden Geschlechtern eine zuverlässige Altersbestimmung zu.  


In den Sommermonaten wird durch Kämpfe bei den Böcken die Rangordnung festgelegt. Böcke erreichen eine Schulterhöhe bis 95 cm und werden bis 125 kg schwer. Bei den Geissen liegt die Schulterhöhe bei etwa 80 cm. Diese werden im Herbst 50 bis 65 kg schwer. Der Alterstod setzt bei den Böcken etwa bei 11-12 Jahren ein, bei den Geissen etwa bei 13-14 Jahren.

Das Steinwild ist ein Tag aktives Tier. Es ist ein Raufutterfresser und ernährt sich vorwiegend mit Gras, auch mit Kräutern, Flechten und Nadeln. Dies kann je nach Gebiet und Steinwilddichte zu Verbissschäden an Nadelbäumen führen. Bedingt durch den felsigen Lebensraum ist Steinwild ein sehr guter Kletterer. Die harten Hufränder geben den Tieren optimal Halt auf kleinsten Felsrippen. Die weichen Ballen finden auf glattem Gestein halt. Die Afterklauen unterstützen das Abwärtsklettern.

Ich wünsche allen Alpinistinnen und Alpinisten viele eindrückliche Anblicke vom stolzen und imposanten Steinbock in unserer schönen Bergwelt, verbunden mit dem Zusatzwissen aus diesem Beschrieb über das Steinwild.

Felix Eberhard
Kantonaler Hegeobmann
Patentjägerverein AR


Den gesamten Bericht als PDF-Version finden Sie ab Seite 12 hier: Der Alpensteinbock Clubnachrichten 202201 SAC SAENTIS

Alpensteinbock Bild: Robert Diener